„Böse Zungen“: Till Lindemann sorgt mit Abschiedsworten beim Rammstein-Konzert für mächtig Aufruhr
Rammstein spielten drei Konzerte in Berlin. Bei der letzten Show sorgte Till Lindemann mit seinen Abschiedsworten für Aufsehen.
Es war von Anfang an klar, dass die drei Konzerte von Rammstein in Berlin besonders unter Beobachtung stehen würden. Aufgrund der massiven Vorwürfe um Frontmann Till Lindemann forderten einige Petitionen die Stadt dazu auf, die Konzertreihe abzusagen. Allerdings sah Berlins Kultursenator Joe Chialo dafür keine Notwendigkeit. Die Band spielte jeweils am vergangenen Samstag, Sonntag und am gestrigen Dienstag in dem ausverkauften Olympiastadion. Jeweils über 60.000 Fans strömten zu den Gigs, um ihrer Band zu zeigen: „Wir stehen hinter euch!“ Doch es waren nicht nur die Konzerte an sich, die währenddessen für Schlagzeilen sorgten. Die Proteste wurden dabei schon glatt zur Nebensache.
Nach den Vorwürfen um Till Lindemann: Auch Flake steht jetzt unter Verdacht
Seit Wochen gehen immer mehr Frauen an die Presse, die davon berichten, dass es mit Till Lindemann vor, während und sogar nach den Konzerten zu sexuellen Handlungen gekommen sein soll. Teilweise seien die Frauen ihm mithilfe von K.O.-Tropfen in Alkohol gefügig gemacht worden. Dafür gibt es allerdings keine Beweise. Trotzdem steht der Sänger nach wie vor in der Kritik und muss sich mit den Vorwürfen auseinandersetzen. Die Berliner Staatsanwaltschaft hat dazu Ermittlungen eingeleitet. Nun steht allerdings auch sein Keyboarder Christian Lorenz, der bei seinen Fans besser als Flake bekannt ist, ebenfalls unter Verdacht, missbräuchliches Verhalten gegenüber zwei Frauen gezeigt zu haben. Diese sollen über 20 Jahre zurückliegen. Der 58-Jährige ließ die Aussagen der mutmaßlichen Opfer von seinem Anwalt dementieren.
Nach Konzert: Rammstein feiern im sexpositiven Club
Doch die weiteren Vorwürfe rücken schon fast in den Hintergrund. Da aufgrund der Vorwürfe um Lindemann die Aftershowpartys abgesagt wurden, zog es die Gruppe laut Medienberichten am Sonntagabend in den Berliner KitKatClub. Die Location ist vor allem für seine freizügigen Technopartys bekannt, bei denen die Gäste auch schon mal vor anderen miteinander schlafen können. Aufgrund der heftigen Anschuldigungen über Lindemann finden es einige DJs absolut nicht cool, dass die Band dort nach ihrem Auftritt feiern durfte. In der Berliner DJ- und Technoszene gibt es nun deswegen Boykottaufrufe gegen das KitKat. Mehrere DJs veröffentlichten anschließend eine E-Mail der Clubbesitzerin Kirsten Krüger, in der es heißt: „Lindemann war ab und an in den letzten Jahren bei uns zu Besuch. Daher kennt er die Security-Mitarbeiter. [...] Im Club ist niemals etwas geschehen, was fragwürdig war.“ Sie wolle niemanden vorverurteilen.
Während der Konzerte: Till Lindemann dichtet seine eigenen Texte um
Die Fans wollen von den umstrittenen Schlagzeilen allerdings nicht viel wissen. Hochgerechnet strömten an den vergangenen Tagen über 180.000 Menschen ins Olympiastadion, um nicht nur den Auftritt der Band zu feiern, sondern auch ihrem Frontsänger zu zeigen, dass sie hinter ihm stehen – in guten wie in schlechten Zeiten. Während der Gigs war deutlich spürbar, dass Lindemann sich etwas zurückhaltend gegenüber dem Publikum gab, während sie ihm mit Liebe überschütteten. Da er sich selbst damit ins Bein schießen würde, wenn er sich öffentlich auf solch einer Veranstaltung über die aktuellen Verdachtsfälle äußern würde, ließ er seine Fans und Kritiker*innen zwischen den Zeilen lesen und dichtete einige seiner Liedtexte an passenden Stellen um.
Am ersten Konzertabend ließ er während der Performance von „Angst“ verlauten: „Alle haben Angst vor Lindemann!“ Auf Social Media wird der Musiker dafür gefeiert, dass er sich zwar nicht direkt zu den Vorwürfen äußert, aber ihnen in gewohnter Sarkasmus-Manier gegenübertritt. Auch am zweiten Konzertabend schmiss er wieder mit einer Spitze, die anschließend viral ging. Anstatt „Weh mir, oh weh. Und die Vögel singen nicht mehr“ sang er kurz vor dem Refrain zu „Ohne dich“ „Und die Sänger vögeln nicht mehr“. Frenetisch wird er für diese Umdichtungen gefeiert – im Stadion bei seinen Anhängern sowie von der Mehrheit im Internet. Die Medien, die darüber berichten, sollen sich laut den Ultras zu einem Komplott gegen Lindemann und die gesamte Band zusammengeschlossen haben. Sie lassen kein schlechtes Haar über die Truppe kommen und verteidigen sie vehement weiter.
Sabotageverdacht: Zwei Besucher während des Sonntagskonzerts festgenommen
Wer allerdings davon gedacht hat, dass jeder einzelne Besucher im Olympiastadion der Band wohlgesonnen ist, der scheint sich zu irren. Zumindest mag man das annehmen. Denn während Zehntausende die Augen auf Rammstein richteten, sollen sich drei Personen an den Kabelschächten zu schaffen gemacht haben, die zu Lautsprecherboxen in der Nähe der Bühne führten. Das blieb allerdings nicht unbemerkt. Die Polizei griff ein und nahm einen 36-jährigen Mann und eine 24-jährige Frau in Gewahrsam. Eine dritte Frau konnte sich offenbar unerkannt entfernen. Welches Motiv das Trio verfolgte, ist bis jetzt noch unklar. Die zwei festgenommenen Tatverdächtigen bekamen Hausverbot im Olympiastadion. Zudem wurden auch Ermittlungen wegen versuchter Sachbeschädigung eingeleitet. Nach der Überprüfung seien sie wieder auf freien Fuß gesetzt worden.
Beim letzten Rammstein-Konzert: Provokanter Abschied von Lindemann
Jeder Abend bot neue Schlagzeilen über die Konzertreihe in Berlin. Kein Wunder, dass sich Rammstein gegenüber ihrem Publikum in ihrer Heimatstadt ein wenig mehr öffneten als die anderen Auftritte zuvor. Obwohl die Liveshows minutiös durchgetaktet zu sein schienen, ließ Till Lindemann es sich nicht nehmen, an jedem einzelnen Abend sich gebührend von seinem Publikum zu verabschieden. Die Abschiedsworte, die er am dritten Abend fand, werden vermutlich noch länger in den Köpfen seiner Sympathiesanten und Kritiker nachhallen. „Dreimal in unserer Stadt, dreimal Berlin. Danke, dass ihr da wart“, ließ er verlauten. Allerdings hatte er noch einen Anhang hinzuzufügen: „Und denkt immer dran: Bösen Zungen glaubt man nicht. Die Wahrheit, die kommt doch eh ans Licht.“ Dafür bekam er von dem anwesenden Publikum tobenden Applaus. Allerdings dürften diese Worte für die mutmaßlichen Opfer ein besonders starker Stich ins Herz und ein Tritt in die Magengrube sein. Das letzte Wort ist hier nach wie vor noch nicht gesprochen.