Bei Rock am Ring: Rapper FiNCH ist stinksauer und äußert sich zu seinem Auftritt beim Festival
Rock am Ring 2023 war noch nie so vielseitig. Rapper FiNCH fühlte sich allerdings nicht so wohl auf dem Festival. Sein Vorwurf spaltet seine Community.
Oh oh, Rock am Ring (RaR) und Rapper FiNCH werden vermutlich nicht mehr so schnell Freunde werden. Am ersten Juniwochenende zog es wieder einmal über 700.000 Musik-Fans zum Nürnburgring. Das Festival, das ursprünglich hauptsächlich für Anhänger der Rockszene gedacht war, hat mittlerweile einen Wandel erlebt. Die Acts sind genreübergreifend. Vor allem Deutschrapper*innen ziehen enorm viele Menschenmassen vor die Bühne. Neben Künstler*innen wie Apache 207, K.I.Z und badmómzjay konnte auch FiNCH die Besucher*innen in seinen Bann ziehen. Doch trotz der feiernden Masse vor seiner Bühne gibt es einen Punkt, über den sich der Künstler aufregt. Zurecht?
Das wirft der Brandenburger Rapper dem Festival vor:
Schämt Rock am Ring sich für FiNCH?
„Es gibt ein Thema, das wir klären müssen; das wir offen ansprechen müssen, weil intern angesprochen keiner darauf reagiert“, beginnt FiNCH sein Statement in einem Reel auf Instagram. Trotz dass die US-amerikanische Rockband Foo Fighters mit ihm parallel als Main Act ist, freue er sich darüber, dass sich eine unfassbar große Menge für seinen Auftritt entschieden hat. Für ihn sei es sogar eines der „schönsten Festivals“ gewesen. Die Sache habe allerdings einen Haken: „Ich habe aber irgendwie mitbekommen, dass wir von Seiten von Rock am Ring komplett totgeschwiegen wurden.“ Damit spielt der „Abfahrt“-Interpret auf den Social-Media-Auftritt des Festivals an. Nirgends sei er von RaR erwähnt oder supportet wurden. Und tatsächlich wird aufmerksamen Konsument*innen auf Instagram, TikTok und Co. aufgefallen sein, dass nichts von FiNCH gezeigt wurde. „Man fühlt sich einfach nicht wertgeschätzt“, tut er weiter in dem Reel kund. Dass er als Co-Headliner keinen Soundcheck bekommen habe und die Reihenfolge des Lineups auf dem Plakat auch nicht stimmig sei, sind nur Kleinigkeiten, die den Künstler zu denken bringen, dass sich das Festival für ihn schämt.
Sind die Vorwürfe des Artists gerechtfertigt?
FiNCH polarisiert mit dem Vorwurf
Wer FiNCH-Fan ist, der weiß, dass der Rapper schnell mal dazu neigt, zu übertreiben. Auch unter dem Reel zeigen sich die Leute geteilter Meinung. „Bilder und Taten sagen mehr als tausend Worte“, „Schweinerei! Boykottieren wollen sie, aber zahlen lügen nicht“, „Hat man bei deinem Höhenflug eigentlich mehr Beinfreiheit?“ und „Kein gutes Auftreten und hätte ich dir so in dieser Form auch nicht zugetraut! So etwas klärt man hinter der Bühne, mit den Veranstaltern und bringt diese 'Mutmaßungen' nicht in die Öffentlichkeit, zudem sie nicht bestätigt wurden!“ sind nur einige Auszüge unter seinem Post. Tatsache ist auch, dass sich das Festival nach wie vor nicht zu FiNCHs Vorwurf geäußert hat. Klar, der Chartstürmer, der von einigen Medien als „Rüpelrapper“ bezeichnet wird, macht seinen Namen in dem Moment alle Ehre. Da fragt man sich allerdings auch, warum das Festival den Künstler sonst überhaupt gebucht – und vor allem als Co-Headliner so eine große Bühne gegeben hat. Und warum sollte sich gerade jetzt das Festival für den Musiker schämen? Sind wir mal ehrlich: Vermutlich hat FiNCH einfach ein bisschen überreagiert.
Jedoch könnte man hier einen Schwenk machen und das Thema ein bisschen weiter denken: Hat das indirekt was mit der Cancel Culture zu tun?
Marteria trotz Negativschlagzeilen als Festival-Headliner gebucht
Selten war ein Festival-Sommer so stark mit Emotionen aufgeladen. Im April ging die Schlagzeile um die Welt, dass Rapper Marteria im USA-Urlaub handgreiflich gegenüber seiner Freundin geworden sein soll. Dies führte zu einem kurzzeitigen Polizeiarrest. Das Verfahren wurde allerdings kurz danach eingestellt. Wer dachte, dass der Musiker jetzt erstmal nicht mehr auf den großen Bühnen des Landes stehen wird, der hat sich wohl oder übel getäuscht. Das Hurricane verkündete nur wenig später, dass Marteria als einer der Headliner auftreten würde. Womit die Veranstalter allerdings nicht gerechnet haben: Diese Meldung löste innerhalb von kürzester Zeit einen Shitstorm aus. Unter dem Instagram-Beitrag vom Hurricane sind viele Musik-Fans entsetzt über diese Entscheidung. „Wir verzichten gerne auf einen Headliner, der Gewalt gegen Frauen ausübt!“, „Lest ihr eigentlich Nachrichten?“ und „Mir fallen auf Anhieb 50 bessere geeignete unproblematische Künstler*innen ein“ sind nur ein kurzer Auszug aus der Kommentarspalte.
Während in der Schauspielbranche vielleicht direkt bei solchen Negativschlagzeilen ein vorläufiger Schlussstrich gezogen wird (aktuelles Beispiel Til Schweiger), gibt es für Marteria anscheinend keine Konsequenzen – ganz unabhängig davon, ob die Anklage fallen gelassen wurde oder nicht. Auch bei den Vergewaltigungsvorwürfen um Luke Mockridge wurde beispielsweise schnell reagiert. Der Sender Sat.1 cancelte seine TV-Show und der Comedian selbst nahm sich eine Auszeit. Mittlerweile ist er aber wieder im TV und auf Bühnen präsent. Da fragt man sich doch glatt, wieso es im Musikbusiness anders ist. Liegt es daran, dass Rapper*innen eh als die Bad Boys und Bad Girls der Musikbranche gelten? Weil sie mit ihren Texten teilweise ein dunkles Image verkörpern und dafür gefeiert werden? Nun, den Diskurs müsste man noch genauer analysieren. Im Falle von Marteria hätte der Musiker aufgrund des riesigen Shitstorms auch sagen können, dass er dieses Jahr keine Auftritte wahrnehmen wird, damit ein wenig Gras über die Sache wächst. Wenn wir tief in uns reinhorchen, dann wissen wir auch selbst: Marten Laciny wird trotz der Negativschlagzeilen und der hitzigen Kommentare die Massen zu seinen Auftritten ziehen. Es bleibt abzuwarten, wie die Reaktionen im Publikum ausfallen werden.
Aber kommen wir zum Abschluss zurück zu FiNCH:
Jetzt aber mal Hand aufs Herz: FiNCH hat sich in letzter Zeit wirklich nichts zu Schulden kommen lassen, was Rock am Ring dazu gebracht haben könnte, ihn so zu behandeln, als wäre er nie auf der Bühne am Nürnburgring gewesen. Der Rapper ist vermutlich nur ein wenig in seinem Stolz gekränkt, auch wenn er es vielleicht nicht hören mag. Dafür hat er aber etwas, wovon viele andere Artists trotz ihrer Größe nur träumen können: eine verlässliche Crowd. Obwohl das Festival keine große Werbung für ihn gemacht haben mag, konnte er sich neben den Foo Fighters behaupten – und zwar mit großem Erfolg. Zwei Tage später spielte er bei Rock im Park auf dem Zeppelinfeld in Nürnberg. Dort bekam er dann die gewünschte Anerkennung von Seiten der Festival-Veranstalter, wie ein Instagram-Post auf deren Seite beweist. Einige Wochen später hat er sogar einen kompletten Mitschnitt seines Konzerts auf seinem eigenen YouTube-Channel uploaden dürfen. Also war es im Endeffekt doch nur halb so wild.
Cancel Culture ist ein Thema, das derzeit heiß diskutiert wird. Aber was denkst du: Wurde FiNCH in deinen Augen wirklich von Rock am Ring indirekt gecancelt? Zeig uns deine Meinung mit Hilfe unserer Umfrage!